Ja, er war Gandalf in den HERR DER RINGE- und HOBBIT-Filmen. Und Magneto bei den X-MEN. Und Hamlet, Macbeth und so ziemlich jeder andere Shakespeare-Held. Aber jetzt, mit 76 Jahren, spielt Sir Ian McKellen noch einmal eine große Ikone der Kulturgeschichte: Sherlock Holmes, den berühmtesten aller Detektive. Im Film ist dieser noch um einiges älter, 93, und wird von allerlei fiktiven Versionen seiner selbst heimgesucht.
Es ist das Jahr 1947 und der legendäre Detektiv hat sich längst an der englischen Südküste zur Ruhe gesetzt. In seinem Landhaus in Sussex wird er von seiner mürrischen Haushälterin versorgt und verbringt die Tage mit deren aufgewecktem Sohn Roger und seiner Bienenzucht. Gerade ist er aus Japan zurückgekommen, wo er auf der Suche nach einer mythischen Heilpflanze war, die sein Leid lindern soll. Denn Holmes wird altersdement. Und droht damit gerade das zu verlieren, was ihn in seinen Augen und denen der Welt ausmacht: seine Intelligenz und seinen rationalen Verstand. Und die Erinnerungen. Alles, was ihm bleibt, sind die Bücher, die sein Kollege Dr. Watson über ihn geschrieben hat, doch die enthalten mehr Erfundenes als real Erlebtes.
Und so stellt der Film allerlei Klischees um die legendäre Figur auf den Kopf. Er raucht lieber Zigaretten als Pfeife, trug nie diesen karierten Jagdhut und kann über so manch andere ihm zugeschriebene Eigenart nur müde lächeln. Stattdessen versucht er sich, mit Hilfe des neugierigen Jungen, an seinen wichtigsten Fall zu erinnern, der, wie sich herausstellt, auch das nicht ganz unfreiwillige Ende seiner Karriere bedeutete. Was war wirklich geschehen mit der depressiven, jungen Frau und ihrer Obsession für ihn. Holmes muss sich mit der Erinnerungsarbeit beeilen, bevor alles dem Vergessen anheimfällt.
Regisseur Bill Condon und Ian McKellen, die bereits bei dem großartigen Biopic GODS AND MONSTERS zusammengearbeitet hatten, erschaffen hier ein brillantes Spiel um Fiktion und Realität, Lüge und Wahrheit, echte und falsche Erinnerungen. McKellen spielt diesen nach außen distinguiert-arroganten Gentlemen mit einer inneren Unsicherheit, die zutiefst berührt. Unvergesslich.
ll