Favourite, The - Intrigen und Irrsinn

GB/IRL/USA 2018

England im 18. Jahrhundert: Das Land befindet sich im Krieg mit Frankreich, doch die kränkliche Königin Anne (Olivia Colman) ist kaum in der Lage, die Nation zu regieren. Stattdessen liegen die Geschicke Englands in den Händen ihrer Vertrauten Lady Sarah (Rachel Weisz), die sich neben den Regierungsgeschäften auch noch um Annes Gesundheit kümmert und versucht, deren Launen im Zaum zu halten. Da tritt ein neues Dienstmädchen namens Abigail (Emma Stone) ihre Stelle am Hofe an und wird schnell ihrerseits zur Vertrauten von Sarah. Als diese mehr und mehr von politischen Problemen eingespannt wird und Abigail sich um die Königin kümmern soll, sieht die Dienstmagd mit aristokratischen Wurzeln ihre Chance gekommen. Abigail nutzt ihren zunehmenden Einfluss auf die gebrechliche Monarchin für ihre eigenen ehrgeizigen Ziele.

Regie
Yorgos Lanthimos
Besetzung
Emma Stone, Rachel Weisz, Nicholas Hoult
Länge
121 min
FSK
12

Macht korrumpiert, am meisten sich selbst, insbesondere, wenn Wut, Wankelmütigkeit und Wehleidigkeit in diabolischer Symbiose um die Herrschaft gipfelt: Das höfische Treiben im frühen 18. Jahrhundert am dekadenten Hofe von Queen Anne ist alles andere als vorbildlich. Mit Frankreich befindet man sich im fürchterlichen Krieg, das aber schert die hypochondrische und unbedarfte Monarchin wenig. Sie sorgt sich lieber um ihre Häschen im Käfig und überlässt alle wichtigen Geschäfte ihrer Vertrauten Sarah Churchill, der Herzogin von Marlborough. Der trügerische Frieden in altehrwürdigen Gemäuern, in der sich die exaltierte Entourage mit Entenrennen, Ananasfressen und Apfelsinenschlachten verlustiert, wird jedoch eines Tages durch das unverhoffte Erscheinen von Abigail Masham ordentlich auf den Kopf gestellt. Die durchtriebene Cousine Sarahs nähert sich der Monarchin wie die schwarze Mamba den Mäusen. Alsbald entbrennt eine morbide Zickenschlacht zwischen der eifersüchtigen Sarah und der intrigierenden Abigail. Dabei ist jedes noch so perfide Mittel recht ... Mittels einer sezierenden, unverblümten Kamerasprache, die an Stanley Kubricks BARRY LYNDON gemahnt, offenbart Ausnahmetalent Yorgos Lanthimos das historisch authentische Zerwürfnis Queen Annes mit ihrer Intima, einer Vorfahrin Winston Churchills. Bedrohlich, bissig und betörend zugleich befreit er seine Protagonistinnen von jedweder Sympathie und Empathie. Hier wird in messerscharfen Dialogen geätzt und gelästert, vergiftet und verraten. Grandios bewältigt Lanthimos dabei den schier unmöglichen Spagat zwischen historischer Rekonstruktion und symbolträchtiger Projektion. Nach der Prämisse: Geschichte wiederholt sich. Und dieses despektierliche Dekor visualisiert der heiße Oscaranwärter mit analytischen Weitwinkelaufnahmen und natürlich ausgeleuchteter Tiefenschärfe. Superscharf agieren auch Rachel Weisz und Emma Stone. Sie interpretieren die gesamte Emotionspalette von lieblich bis liederlich, von besorgt bis bösartig mit unvergleichlicher Raffinesse. Dagegen wirken alle anderen maskulinen Akteure anämisch und apathisch. Eben verflucht formidable Frauenpower par excellence.
jea