Familie Brasch

D 2018

In den Jahren nach 1945 sind die Braschs eine perfekte Funktionärsfamilie, die in der sowjetisch besetzten Zone den deutschen Traum vom Sozialismus lebt: Horst Brasch baut die DDR mit auf, obwohl seine Frau Gerda darin nie heimisch wird. Sohn Thomas wird zum Literaturstar, steht aber wie seine jüngeren Brüder Peter und Klaus dem real existierenden Sozialismus kritisch gegenüber. 1968 bricht in der DDR wie überall der Generationenkonflikt auf. Vater Brasch liefert den rebellierenden Sohn Thomas an die Behörden aus – und leitet damit auch das Ende der eigenen Karriere ein. Nach 1989 sind sozialistische Träume, egal welcher Art, nichts mehr wert.

Regie
Annekatrin Hendel
Länge
103 min

Vielleicht der bekannteste Brasch ist Thomas, Autor und Filmemacher, 1945 geboren, in der DDR sozialisiert, die er 1976 verlassen musste, 2001 gestorben. Allein seine Biographie würde für einen Film reichen und tatsächlich arbeitet Hendel gerade auch an einem Spielfilmprojekt über Thomas Brasch, der wohl diese Dokumentation vertiefen und ergänzen wird. Das schwierige Verhältnis zu seinem Vater Horst ist eine der Säulen von Thomas’ Biografie, ein Vater, der während des Zweiten Weltkriegs, im englischen Exil, an der Gründung der FDJ beteiligt war und nach seiner Rückkehr immer wichtigere Positionen in der DDR einnahm. Positionen, die ihn immer wieder mit seinen Söhnen – neben Thomas sind das der 1950 geborene Klaus und der 1955 geborene Peter – in Konflikt brachten, die allesamt künstlerisch tätig waren und allesamt mehr oder weniger starke Kritiker des Systems waren. Was in Thomas’ Fall schließlich gar zu einem zweimonatigen Gefängnisaufenthalt führte, vor dem ihn der Vater, trotz bester Kontakte, nicht bewahrte, und schließlich zur Ausweisung 1976. Zusammen mit seiner damaligen Partnerin Katharina Thalbach musste er seine Heimat verlassen, an die er trotz allem glaubte. Denn, und das ist einer der vielen spannenden Aspekte des Films, es geht hier weniger um ein dezidiertes Ablehnen dieses oder jenes Systems, sondern um eine Auseinandersetzung mit der Idee des Sozialismus, um Kritik an Irrwegen und Irrtümern, die aber stets geprägt von einem Glauben an die Richtigkeit dieser Idee war. Wie Thomas und seine Brüder damit umgingen, davon erzählen Freunde, Geliebte und Wegbegleiter: Drei Generationen umfasst die Familie Brasch damit, drei Generationen, die einen Teil deutscher Geschichte der letzten fast einhundert Jahre miterlebt und auch mitgeprägt haben. Nun, fast 30 Jahre nach dem Mauerfall, scheint langsam eine differenzierte Darstellung der Geschichte und der Geschichten zu beginnen, die sich in der DDR abspielten, nicht mehr von einfachem, meist zu schlichtem Schwarz-Weiß-Denken geprägt, sondern im Bemühen, vielschichtig zu sein. Dieser differenzierte Blick ist es, der Annekatrin Hendels FAMILIE BRASCH so sehenswert macht.
mm