Die Frau des Nobelpreisträgers

gb/s 2018

Die Romanverfilmung erzählt sehr spannend von einer tiefgreifenden Lebenslüge, die stückweise an die Oberfläche dringt. Bemerkenswert ist das exzellente Schauspiel von Glenn Close, Jonathan Pryce und Christian Slater. Für Close könnte nach sechs Nominierungen der erste Oscar winken. Den Golden Globe hat sie schon einmal in der Tasche.

Regie
Björn Runge
Besetzung
Glenn Close, Jonathan Pryce, Max Irons, Christian Slater, Annie Starke
Länge
100 min
FSK
6

Joe ist das literarische Genie, der wortgewaltige Erneuerer und Autor zahlloser Romane, Joan ist seine Lektorin, Editorin, Assistentin, Muse und von epischer Loyalität. Der lang erhoffte, eigentlich erwartete Anruf erreicht sie eines Morgens: Das Nobelpreiskomitee verkündet die Literaturpreisvergabe an Castleman und lädt das euphorisierte Paar nach Stockholm. Doch schon während des folgenden, freudigen Bettgehopses legt sich ein Schatten auf Joans Gemüt, der auch während der Anreise nicht schwindet. Erst recht nicht, als der unabweisbare, etwas glitschige Enthüllungsjournalist Nathaniel Bone auf dem Flug und dann in der schwedischen Hauptstadt auftaucht und einer literarischen Sensation auf der Spur zu sein vorgibt. Seine Vermutung: Hinter dem erfolgreichen Mann stünde nicht nur eine starke Frau, sondern die kraftvolle Prosa stamme direkt aus ihrer Feder, sie sei das wahre Genie. Joan blockt ab, doch Bone nimmt sich Sohn Max zur Brust, der ebenfalls eine Schriftstellerexistenz anstrebt und dabei vor allem nach Anerkennung des Vaters sucht. Die Situation spitzt sich zu und droht zwischen Ehefrauenunterhaltungsprogramm, Lobpreisung des Literaturherrn und Preisverleihung zu eskalieren. Meg Wolitzers Roman The Wife stand Pate für die Verfilmung des schwedischen Regisseurs Björn Runge, der uns bedächtig anhand von Rückblenden in die Fünfziger- und Sechzigerjahre in die Geheimnisse dieser Ehe einführt. Annie Starke, im wahren Leben Tochter von Glenn Close, spielt die Rolle der jungen Joan, die sich als talentierte Literaturstudentin in den James Joyce zitierenden Professor und Schwerenöter verliebt und ihn als Autor in einem der von geschwätzigen Männern betriebenen Verlage unterbringt. Gestemmt wird dieser auf verschiedenen Ebenen ausgetragene filmische Kampf um Anerkennung aber von der einmal mehr großartigen Glenn Close, die in ihrem Nasenflügel mehr Ironie und Verachtung bereithält als Christian Slaters Nathaniel Bone verstehen kann. Mit Jonathan Pryce darf sie sich mit einem Partner auf Augenhöhe messen, der hier trotz Pendelei zwischen Hilflosigkeit und Selbstherrlichkeit immer angehört werden muss. Und unbedingt angesehen!
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