»Berlin hatte was Klaustrophobisches, war irgendwie surreal, ein schroffer, kalter Ort, der eine unheimlich intensive Atmosphäre hatte«, erinnert sich Mark Reeder: 1979 hatte sich der zwanzigjährige Musikfan aus Manchester mal Berlin angeguckt und war hängengeblieben – angefixt von der unfassbaren Energie, die sich in diesem brodelnden Kultur-Soziotop befreite: auf dieser Insel: in diesem irgendwie sinnentleerten Überbleibsel aus dem Kalten Krieg.
Und an Reeders Erinnerungen hangelt entlang sich diese Dokumentar-Erzählung B-MOVIE: wie ein echter Schelmenroman, denn natürlich planscht der Engländer aktivst in allen möglichen Post-Punk-Elektro-Musik-Film-Fernseh-und Kunst-Projekten der Stadt herum. Und er ist ein präziser Beobachter und feinsinniger Kommentator – trotz seines provozierenden Faibles für Uniformen: genussvoll nostalgisch, aber mit dieser lakonisch britischen Selbstironie.
Präzise schnell geschnitten ist B-MOVIE, aber gemächlich wie eine Fahrt im geklauten Taxi durch das Meer von bunten Versuchsanordnungen: Autos brennen, Kinder spielen an der grauen, graffitibesprühten Mauer, Tilda Swinton radelt durchs Bild, Keith Haring malt, New Order besuchen ihren alten Kumpel Mark, Christiane F. ist clean und Gudrun Gut steht vor dem Dschungel und zählt auf, wo man nachts um 2 noch überall hinkann in dieser wilden freien Stadt der Nacht.
Ein Meer aus Lust und Sound haben die drei Ex-Berliner Regisseure in Kleinstarbeit aus Unmengen an Material zusammengetragen und elegant und geschickt auf mehreren Ebenen verwoben. Musikvideos werden mit Tagesschauschnipseln verschnitten, Radiotöne mit privaten Tonbandaufnahmen und Super-8-Fetzen aus Konzerten oder Szenespelunken, das Wannenballett beim Polizeieinsatz mit dem Szenepersonal: Blixa Bargeld, Nick Cave, Gudrun Gut, Malaria!, Die tödliche Doris, Jörg Buttgereit, Westbam, Neubauten, Die Ärzte, Die Toten Hosen, Ideal, Nena, tausend Vergessene aus dem Szenedickicht ...
Bis diese Szene dann am Overkill der Überhitzung implodiert, Mitte der Achtziger. Doch als die Mauer um die Insel herum fällt, gebiert die Stadt bereits ihr nächstes Szenemonster – Techno, Love Parade: Aber das ist dann ein anderer Film.
lav