Toni Erdmann

D/AT 2016

Selten war das Vorab-Lob so angemessen wie hier. Die Berliner Filmemacherin Maren Ade hatte bei den Filmfestspielen in Cannes im Mai mit ihrer fast dreistündigen Vater-Tochter-Tragikomödie Toni Erdmann für Furore gesorgt und die internationale Kritik begeistert. Bei den Vorführungen gab es mehrfach Szenenapplaus. Und seitdem steht der deutsche Film Kopf. Zu Recht! Toni Erdmann ist ein Meisterwerk. Ade erzählt von Winfried, einem Alt-68er-Vater, der überraschend seine Tochter Ines in Bukarest besucht, wo sie sich als Unternehmensberaterin in einer männerdominierten Branche durchsetzen muss. Ihr ist seine Anwesenheit peinlich, weil er mit seiner unbeholfenen Art und den lauen Scherzen so gar nicht in ihre steife Geschäftswelt passt. Sie hält ihn genervt auf Abstand, bis der Vater beginnt, zu Perücke und schiefen Karnevalszähnen zu greifen und sich zur Kunstfigur Toni Erdmann zu verkleiden. Er gibt sich mal als Berater, mal als Botschafter aus und wanzt sich in Ines’ Berufsalltag zwischen Team-Meetings und Clubnächten mit den Kollegen. Und der Trick funktioniert, Ines beginnt tatsächlich etwas aufzutauen. Verblüffend ist nicht nur, wie rasend komisch das ist, sondern vor allem, wie präzise und leicht Ade das Wechselbad der Gefühle zwischen Fremdschämen und Empathie, zwischen Lachen und Weinen, gelingt.

Regie
Maren Ade
Besetzung
Peter Simonischek, Sandra Hüller, Hadewych Minis, Julischka Eichel
Länge
162 min
FSK
12

Selten war das Vorab-Lob so angemessen wie hier. Die Berliner Filmemacherin Maren Ade hatte bei den Filmfestspielen in Cannes im Mai mit ihrer fast dreistündigen Vater-Tochter-Tragikomödie TONI ERDMANN für Furore gesorgt und die internationale Kritik begeistert. Bei den Vorführungen gab es mehrfach Szenenapplaus. Und seitdem steht der deutsche Film Kopf. Zu Recht! TONI ERDMANN ist ein Meisterwerk. Ade erzählt von Winfried (Peter Simonischek), einem Alt-68er-Vater, der überraschend seine Tochter Ines (Sandra Hüller) in Bukarest besucht, wo sie sich als Unternehmensberaterin in einer männerdominierten Branche durchsetzen muss. Ihr ist seine Anwesenheit peinlich, weil er mit seiner unbeholfenen Art und den lauen Scherzen so gar nicht in ihre steife Geschäftswelt passt. Sie hält ihn genervt auf Abstand, bis der Vater beginnt, zu Perücke und schiefen Karnevalszähnen zu greifen und sich zur Kunstfigur Toni Erdmann zu verkleiden. Er gibt sich mal als Berater, mal als Botschafter aus und wanzt sich in Ines’ Berufsalltag zwischen Team-Meetings und Clubnächten mit den Kollegen. Und der Trick funktioniert, Ines beginnt tatsächlich etwas aufzutauen. Verblüffend ist nicht nur, wie rasend komisch das ist, sondern vor allem, wie präzise und leicht Ade das Wechselbad der Gefühle zwischen Fremdschämen und Empathie, zwischen Lachen und Weinen, gelingt. Maren Ade schafft, was viele für unmöglich hielten: eine deutsche Komödie, die ihren ganz eigenen Stil und schrägen Humor findet. TONI ERDMANN ist ein zutiefst menschlicher Film, der die Balance zwischen hochkomischen Momenten, genauen Beobachtungen des Sozialverhaltens in der multinationalen Geschäftswelt und einem Generationenkonflikt hält, der immer wieder zu Tränen rührt. Maren Ades große Kunst ist, dass sie nicht bis ins Letzte erklärt, sondern andeutet. Und in ihrer 162 Minuten langen Geschichte mit immer wieder neuen, skurrilen Einfällen überrascht, eine peinliche Nacktparty mit einem bulgarischen Pelzviech etwa oder das spontane Ständchen des Whitney-Houston-Songs »Greatest Love Of All« im Wohnzimmer wildfremder Leute. Etwas Vergleichbares gab es auf der Leinwand noch nicht zu sehen.
jg