Tiger Girl

Tiger Girl

D 2016

Wilde 90 Minuten lang schickt Regisseur Jakob Lass seine beiden jungen Protagonistinnen ungezähmt und improvisiert durch Berlin, voller Tatendrang und Aggression.

Regie
Jakob Lass
Besetzung
Ella Rumpf, Maria Dragus, Enno Trebs, Orce Feldschau
Länge
90 min
FSK
16

Sie könnten nicht unterschiedlicher sein: Margarete, die bei der Polizei durchgefallen ist und nun eine Ausbildung bei einem Sicherheitsdienst macht, und Tiger, ein wilder, ungezügelter Freigeist, die in einem Wohnwagen lebt oder mit ihren Freunden auf einem Dachboden Drogen nimmt und keine Hemmungen zu haben scheint. Margarete dagegen ist unsicher, zurückhaltend, ein echtes Mauerblümchen und zunächst mehr als irritiert, als Tiger sie vor der Anmache eines Typen rettet. Sich einfach so in fremde Angelegenheiten einzumischen, nicht groß zu denken, sondern zu machen, das kennt Margarete nicht, schon gar nicht von sich selbst. Anfangs skeptisch, ist sie zunehmend fasziniert von Tiger, die so lebt, wie es Margarete noch nicht einmal zu träumen wagte. Gemeinsam zieht das Duo bald durch die Nacht und die Clubs, Margarete wird auf den neuen Namen Vanilla getauft, doch so rein bleibt sie nicht lange: Immer aggressiver wird sie, erscheint ihre äußerliche Unschuld wie ein Vermächtnis aus einer anderen Zeit. Als Vanilla auch noch anfängt, wildfremde Menschen völlig ohne Grund zu verprügeln, wird es selbst Tiger zu bunt. Neben Axel Ranisch ist Jakob Lass der etablierteste einer Riege junger deutscher Regisseure, die seit einigen Jahren für Furore sorgen. Impro-Film heißt das Zauberwort, also Drehen ohne ein festes Drehbuch, am besten in chronologischer Reihenfolge, oft mit Laiendarstellern. Das bringt frischen Wind ins Kino. Die Qualitäten des Impro-Films werden auch hier schnell deutlich: Gerade die Neuentdeckung Ella Rumpf spielt mit kaum zu glaubender Wucht, hat ein Funkeln in den Augen, das ungezügelt, wild und aufregend lodert. Immer wieder entstehen dadurch packende Szenen, Momentaufnahmen des Lebens, roh und authentisch. Doch ab und zu stößt das Impro-Konzept an seine Grenzen. Etwas monoton wirkt es auf Dauer, wenn Aggression und Gewalt als fast einziges Ausdrucksmittel übrigbleibt. Wie es mittelfristig mit dem deutschen Impro-Film weitergehen wird, muss sich zeigen. Das Unkontrollierte, Ungezähmte, das diese Regisseure etwa vom extrem Stilisierten der sogenannten Berliner Schule unterscheidet, ist jedoch ein Aspekt, der dem deutschen Film gut zu Gesicht steht.
mm