Schüler der Madame Anne, Die

FR 2014

Der richtige Film zur richtigen Zeit: Diese Integrationsgeschichte macht Mut. Locker inszeniert, ohne pädagogischen Holzhammer und mit viel authentischem Flair zeigt sie, anders als derzeit angesagte Pennälerklamotten, ein Leben, in dem Lehrer und Schüler an der Realität zu knabbern haben und wo Fortschritte eher auf kleinen Schritten als auf kessen Sprüchen beruhen. Witz und Humor gehören trotzdem dazu, ebenso ein bisschen Ergriffenheit, aber die Rührung ist vollkommen angebracht angesichts der offenkundigen Veränderung zum Besseren.

Regie
Marie-Castille, Mention-Schaer
Besetzung
Ariane Ascaride, Ahmed Dramé, Noémie Merlant
Länge
105 min
FSK
6

Die meisten Schüler der 10. Klasse des Gymnasiums im hässlichen Pariser Vorort Creteil haben sich damit abgefunden, dass sie keine Chance haben. Sie betrachten die Schule und die Vorbereitung aufs Abitur als reine Zeitverschwendung. Stattdessen randalieren sie oder provozieren sich gegenseitig. Doch Madame Anne, ihre mit allen pädagogischen Wassern gewaschene Klassenlehrerin, kann sehr hartnäckig sein. So meldet sie kurzerhand die Klasse zu einem Wettbewerb an, bei dem Schülerprojekte zum Thema Nationalsozialismus eingereicht werden sollen. Wird es ihr gelingen, die teils schluffigen, teils rebellischen Kids zur Mitarbeit zu bewegen? Die Antwort lautet: Ja, es gelingt ihr! Und nicht nur das, denn über die gemeinsame Arbeit entdecken die Jugendlichen ihr Selbstbewusstsein. Beinahe noch schöner ist, dass der Film auf einer wahren Geschichte beruht, aufgeschrieben von Ahmed Dramé. Er fungiert als Ko-Autor und spielt eine Hauptrolle: sich selbst – den Muslim Malik, der aufgrund seiner Hautfarbe und seiner Religion den alltäglichen Rassismus kennt. Ariane Ascaride spielt mit beiläufigem Humor die kluge Lehrerin, die sich nur einmischt, wenn es nötig ist, die dann aber auch sehr energisch werden kann. Marie-Castille Mention-Schaar hat alle jungen Darsteller mit Laien besetzt. Da gibt es aggressive Mädels, aufsässige Jungs, stille Außenseiter und sogar ein paar Streber. Die meisten sind irgendwann von dem Projekt begeistert. Aber man kann nicht jeden mitnehmen … Auch diese Erkenntnis macht den Film, in dem es um Toleranz und Respekt geht, sympathisch und authentisch. Der richtige Film zur richtigen Zeit: Diese Integrationsgeschichte macht Mut. Locker inszeniert, ohne pädagogischen Holzhammer und mit viel authentischem Flair zeigt sie, anders als derzeit angesagte Pennälerklamotten, ein Leben, in dem Lehrer und Schüler an der Realität zu knabbern haben und wo Fortschritte eher auf kleinen Schritten als auf kessen Sprüchen beruhen. Witz und Humor gehören trotzdem dazu, ebenso ein bisschen Ergriffenheit, aber die Rührung ist vollkommen angebracht angesichts der offenkundigen Veränderung zum Besseren. Und Malik-Ahmed hat inzwischen natürlich nicht nur das Abitur, sondern er hat auch ein prima Drehbuch für einen bewegenden Film geschrieben.
sic!