Of Fathers and Sons - Die Kinder des Kalifats

Of Fathers and Sons - Die Kinder des Kalifats

D/LBN/Q/SYR 2018

Der im Exil lebende Regisseur Talal Derki begleitete zweieinhalb Jahre lang den glühenden Islamisten Abu Osama, der seinen Söhnen von klein auf militantes Gedankengut vermittelt.Offensichtlich konnte Talal Derki das volle Vertrauen des Familienoberhaupts gewinnen, was unmittelbare Einblicke in das Leben des IS-Anhängers ermöglicht. Derki begleitet den Mann mehrmals auf Minensuche und zeigt das Leben der Großfamilie in einer einfachen Behausung.Die schnörkellosen Bilder liefern unverfälscht wirkende Einblicke ohne forcierte Dramatisierungen. Mehrere Szenen zeigen die Söhne dann auch beim ausgelassenen Spiel. Umso bitterer, dass für sie kein friedliches Leben möglich scheint.

Regie
Talal Derki
Länge
99 min
FSK
12

Abu Osama glaubt fest daran, dass der seit 2011 währende Bürgerkrieg in Syrien der Auftakt eines Weltkriegs ist, an dessen Ende das »gerechte Kalifat« steht. Dafür kämpft er als Milizionär der al-Nusra-Front, die zum Terrornetzwerk al-Qaida gehörte. Natürlich erzieht der Religionseiferer auch seine Kinder im islamistischen Sinn. Während die Frauen nie vor die Kamera treten, zeigen viele Szenen, wie der Dschihadist seine Söhne mit Schariastudien indoktriniert. Dass fast alle der Kinder nicht zur Schule gehen, versteht sich von selbst. Offensichtlich konnte Talal Derki das volle Vertrauen des Familienoberhaupts gewinnen, was unmittelbare Einblicke in das Leben des IS-Anhängers ermöglicht. Derki begleitet den Mann mehrmals auf Minensuche und zeigt das Leben der Großfamilie in einer einfachen Behausung. Manche Szenen sind so absurd, dass sie fast ausgedacht wirken. Einmal fangen Osamas Söhne einen Vogel; einer der Jüngeren entscheidet, das Tier mit einem Messer zu töten. Hinterher berichtet er dem Vater: »Wir haben ihm den Kopf abgeschlagen wie du damals dem Mann.« Die schnörkellosen Bilder liefern unverfälscht wirkende Einblicke ohne forcierte Dramatisierungen. Musik kommt, wenn nicht gerade ein gottesfürchtiges Lied im Autoradio läuft, sehr punktuell zum Einsatz, auch die Montage drängt sich nie in den Vordergrund – schon die Tatsache, dass Derki den Protagonisten so nah kommt, ist aufsehenerregend genug. Zwischen Panzerwracks und russischen Düsenjägern ergeben sich aber auch Momente relativer Normalität. Mehrere Szenen zeigen die Söhne beim ausgelassenen Spiel. Umso bitterer, dass für sie kein friedliches Leben möglich scheint. Einmal schickt Osama zwei der Söhne zur Kampfertüchtigung in ein Militärcamp der al-Nusra-Front. Dort müssen die Jungen zur Abhärtung beispielsweise still auf dem Boden liegen, während knapp neben ihren Köpfen die Kugeln der Ausbilder einschlagen. Den Kindern missfällt der Drill, nachts überlegen sie, abzuhauen. Doch es hilft nichts. Osamas ältester Sohn soll das harte Training weiterführen. Vor der Abreise verabschiedet er sich von einem seiner jüngeren Brüder – wahrscheinlich für immer.
CHO