Nur eine Frau

D 2018

Das Schicksal von Hatun Aynur Sürücü wurde zum Thema eines bewegenden, kraftvollen Dramas, das von einer Frau erzählt, die sterben muss, weil sie selbstbestimmt leben möchte. Im alltäglichen Irrsinn zwischen Brexit, AfD, Kriegen, Terror und Katastrophen könnte es sein, dass das Schicksal der Berlinerin Hatun Aynur Sürücü nicht mehr allen präsent ist: Sie wurde 2005 von ihrem jüngsten Bruder erschossen. Hatun Aynur (großartig: Almila Bagriacik) erzählt selbst ihr Leben als Rückblende, sehr lässig und locker, wodurch die Dramatik noch verstärkt wird. Das komplette Drehbuch wurde nach Zeugenaussagen und Akten recherchiert, doch hier wird nicht auf die Tränendrüse gedrückt oder die Moralkeule geschwungen. Im Gegenteil: Almila Bagriacik gibt der Hatun Aynur eine angenehme Schnoddrigkeit – irgendwie berlinerisch und sehr sympathisch.

Regie
Sherry Hormann
Besetzung
Almila Bagriacik, Meral Perin, Rauand Taleb, Armin Wahedi, Mürtüz Yolcu, Mehmet Atesci, Aram Arami, Merve Aksoy, Jacob Matschenz, Idil Üner
Länge
93 min
FSK
12

Im alltäglichen Irrsinn zwischen Brexit, AfD, Kriegen, Terror und Katastrophen könnte es sein, dass das Schicksal der Berlinerin Hatun Aynur Sürücü nicht mehr allen präsent ist: Sie wurde 2005 von ihrem jüngsten Bruder erschossen. Damals sprach man von »Ehrenmord« – ein widerliches Wort, als ob Mord etwas mit Ehre zu tun haben könnte. Hatun Aynur (großartig: Almila Bagriacik) erzählt selbst ihr Leben als Rückblende, sehr lässig und locker, wodurch die Dramatik noch verstärkt wird. Als 15-Jährige muss sie das Gymnasium verlassen, weil sie in der Türkei an einen Cousin verheiratet wird. Vor der Brutalität ihres Mannes flüchtet die Schwangere zurück nach Berlin, wo sie sich gegen den Widerstand ihrer Familie emanzipiert. Sie zieht mit ihrem Kind in eine eigene Wohnung, legt das Kopftuch ab, macht eine Ausbildung … Alles ganz normal, sollte man meinen, ihr gutes Recht. In den Augen ihrer Brüder Tarik, Sinan und Nuri macht sie sich schuldig. Kurz nach ihrem 23. Geburtstag wird sie ermordet. Doch der Film endet leise optimistisch, denn tatsächlich trägt die tote Hatun Aynur einen kleinen Sieg davon. Sherry Hormann lässt ihre Hauptfigur in einen Dialog mit dem Publikum treten. Damit macht sie die junge Frau zur handelnden Person statt zum Opfer oder zur Märtyrerin und sorgt für eine Atmosphäre, in der Hatun Aynurs Lebensfreude und Freiheitswille ebenso deutlich wird wie der furchtbare Zwiespalt zwischen der Liebe zu ihrer Familie und dem Hass und den Anfeindungen, die sie erfährt. Das schmerzt beinahe körperlich beim Zusehen und im Wissen, was passieren wird. Der ganze Film tut weh, und das muss auch so sein. Alles ist nach Zeugenaussagen und Akten recherchiert, dabei gibt es keine Schwarz-Weiß-Malerei. Vorurteile, egal aus welcher Richtung, werden nicht bedient. Pro oder contra Islam ist nicht das Thema, auch nicht Religionsfreiheit. Es geht ganz simpel um Grund- und Menschenrechte und um den offenen Diskurs darüber. Das komplette Drehbuch wurde nach Zeugenaussagen und Akten recherchiert, doch hier wird nicht auf die Tränendrüse gedrückt oder die Moralkeule geschwungen. Im Gegenteil: Almila Bagriacik gibt der Hatun Aynur eine angenehme Schnoddrigkeit – irgendwie berlinerisch und sehr sympathisch.
sic!