Julieta

ES 2016

Der neue Film von Pedro Almodórvar: Julieta lebt in Madrid mit ihrer Tochter Antía. Beide trauern im Stillen über den schmerzlichen Verlust von Xoan, ihrem Vater und Ehemann. Der Schmerz steht zwischen ihnen. An ihrem 18. Geburtstag verlässt Antía ihre Mutter ohne Erklärung. Julieta versucht alles, um sie zu finden und muss erkennen wie wenig sie über ihre Tochter weiß.

Regie
Pedro Almodóvar
Besetzung
Emma Suárez, Adraina Ugarte, Daniel Grao, Imma Cuesta, Rossy de Palma
Länge
99 min
FSK
6

Almodóvar versucht sich in seinem neuen Film erfolgreich am ernsthaften Drama, natürlich zu seinem Lieblingssujet - Frauenleben. Und er stellt uns seine beiden neuen, großartigen Musen vor. Julieta, eine gebildete, attraktive Frau um die 50, packt ihre Sachen in ihrer Madrider Wohnung. Sie wird mit ihrem Partner nach Portugal auswandern und dort ein neues Leben beginnen. Sie wirkt in sich gekehrt, melancholisch; die Aura eines Geheimnisses umgibt sie. Das ändert sich schlagartig, als sie auf der Straße Bea trifft, die ehemals beste Freundin ihrer Tochter Antia. Bea berichtet, Antia vor einigen Monaten begegnet zu sein, die inzwischen eigene Kinder hat und in Italien lebt. Damit ist es um Julietas fragilen Seelenfrieden getan: kurzerhand und ohne Erklärung sagt sie die Auswanderung ab und zieht zurück in das Haus, in dem sie einst mit Antia gelebt hat, bevor diese spurlos verschwand. Was, wenn Antia versuchen sollte, sie zu finden und sie wäre nicht da? So sitzt sie wartend in der neuen, alten Wohnung und stellt sich ihren Erinnerungen, die sie weit in die Vergangenheit führen. Drei separate Storys von Alice Munro hat Almodóvar zu einer Geschichte verflochten, die sich auf drei Zeitebenen abspielt und in der Emma Suárez die ältere Julieta spielt, Adriana Ugarte die Jüngere. Die Szene, in der die Eine den Staffelstab an die Andere übergibt, ist ein tolles Kunststück - und übrigens der einzige auffällige filmische Kniff, den Almodóvar sich dieses Mal erlaubt. In Interviews spricht er viel über die „Phase selbstauferlegter Zurückhaltung“, die wohl nicht von ungefähr auf FLIEGENDE LIEBENDE, sein überdrehtestes Werk seit langem, folgte. Kein Anlass also, zu vermuten, dass Almodóvar ab jetzt nur noch ernste, oder gar altersweise Filme dreht. Aber diesmal eben schon. JULIETA erzählt mit viel Sensibilität von einer Frau, die alles verloren hat und sich damit nicht abfinden kann. Die wiederkehrenden Themen sind Liebe und Ablehnung, Trennung und Tod, Selbstvorwürfe und das elende Leiden an der Ungewissheit. Es geht viel darum, wie Töchter zu Müttern werden und am Rande auch um Väter und Ehemänner. Das Ganze ist komplex konstruiert, raffiniert ausgestattet, opulent bebildert und mit einem Soundtrack versehen, der zum Besten gehört, was Alberto Iglesias je komponiert hat. JULIETA ist so beeindruckend wie unerwartet.
RoG