Girl On The Train

USA 2016

Wie in Gone Girl von Gillian Flynn entblößt auch die Verfilmung des Bestsellers von Paula Hawkins nach dem Verschwinden einer Frau eine bürgerliche Wohnsiedlung als emotionale Hölle. Der psychologische Thriller trumpft mit einer elegant verschachtelten Dramaturgie und atmosphärischen Inszenierung auf und steuert unaufhaltsam auf eine hoch spannende Eskalation zu.

Regie
Tate Taylor
Besetzung
Emily Blunt, Rebecca Ferguson, Haley Bennett, Justin Theroux, Luke Evans
Länge
112 min
FSK
16

Jeden Tag pendelt die geschiedene Mittdreißigerin Rachel mit der Regionalbahn in die Londoner Innenstadt. Dabei hat die depressive Alkoholikerin ihren Job in einer Kunstgalerie längst verloren. Der Zug stoppt täglich vor einer Siedlung mit Einfamilienhäusern. Eins davon kaufte Rachel einst mit ihrem Exmann Tom, der hier mittlerweile mit seiner neuen Frau Anna und einem gemeinsamen Baby lebt. Im Nachbarhaus wohnen Megan und Scott, die Rachel als perfektes Paar imaginiert. Die beiden scheinen alles zu haben, was sie selbst verloren hat. Doch eines Morgens beobachtet sie aus dem Zugfenster etwas, das die Idylle in Frage stellt. Am nächsten Tag wacht sie mit einem Filmriss auf und erfährt in den Nachrichten, dass Megan verschollen ist. Was passierte in der Nacht, in der Rachel ihren Blackout hatte? Der psychologische Thriller trumpft mit einer elegant verschachtelten Dramaturgie und atmosphärischen Inszenierung auf. Zum investigativen Score von Danny Elfman nimmt die wie ein Uhrwerk getaktete Struktur aus Rückblenden und Zeitsprüngen abwechselnd die Perspektiven der Protagonistinnen Rachel, Anna und Megan ein, die in der literarischen Vorlage als Ich-Erzählerinnen ihrer Tagebücher auftreten. Die Frauen sind die Taktgeber im Rätselspiel aus Vermutungen, Anschuldigungen und verzerrten Wahrnehmungen, die Männer gewinnen hauptsächlich durch ihre Augen an Profil. Die von Emily Blunt am Rand des körperlichen wie mentalen Zusammenbruchs gespielte Alkoholikerin Rachel erweist sich als höchst unzuverlässige Erzählerin, deren Sichtweisen und Vermutungen der Zuschauer nicht trauen kann. So sind Megan und Scott keineswegs die »Verkörperung der wahren Liebe«, als die Rachel sie anfangs vorstellt. Ihre lebhafte Fantasie verschwimmt mit den realen Begebenheiten, die tröpfchenweise als Erinnerungsstücke an die Oberfläche sprudeln und in ihren Zeichnungen Konturen erhalten. Bis zur Auflösung bleibt lang im Dunklen, was in jener Nacht (und davor) geschehen ist, wer hier was getan und gesehen hat. Das kompakte Drehbuch streut Verdachtsmomente, verteilt und verheimlicht geschickt Informationen und steuert unaufhaltsam auf eine hoch spannende Eskalation zu.
ch