Girl

BE / NL 2018

Die 15-jährige Lara träumt wovon viele Mädchen träumen: Sie will Ballerina werden. Doch sie ist im Körper eines Jungen geboren und hat ihre Transition noch nicht abgeschlossen. Und muss sich nun gegen alle Widerstände beweisen. Großartiges Transgenderdrama, das in Cannes zum Überraschungshit wurde.

Regie
Lukas Dhont
Besetzung
Victor Polster, Arieh Worthalter, Katelijne Damen, Valentijn Dhaenens
Länge
105 min
FSK
12

Filmische Umsetzungen dieses Themas gab es bereits des Öfteren. Aber der belgische Film girl nähert sich seiner Transgender-Figur auf überraschende und sehr direkte Art, ohne voyeuristisch und klischeehaft zu agieren. Laras Familie – bestehend aus dem Vater und einem kleinen Bruder, über den Verbleib der Mutter gibt es keine Hinweise – unterstützt ihr Streben, mit Hilfe moderner medizinischer Methoden ihre äußeren Geschlechtsmerkmale zu verändern. Obwohl ihr Aussehen, das mädchenhafte hübsche Gesicht und die langen blonden Haare, sie als 15-jährige junge Frau erscheinen lassen, muss sie die fehlenden pubertären Brüste und die noch vorhandenen männlichen Sexualorgane ständig kaschieren bzw. verstecken. Sie wurde nämlich an einer berühmten Brüsseler Ballettschule zur Probe angenommen und der Dresscode als TänzerIn ist ja sehr körperbetont. Regisseur Lukas Dhont konzentriert sich vor allem auf seine Hauptfigur (unglaublich intensiv Victor Polster). Sein direkter Fokus liegt meist auf Laras Gesicht. Wie der junge Schauspieler ihre emotionale Achterbahnfahrt in der Auseinandersetzung mit ihren MitschülerInnen, der kräftezehrenden Tanzausbildung, dem sie betreuenden medizinischen Personal oder den ersten sexuellen Erfahrungen vermittelt, ist gnadenlos offen. Aber hier liegt eben auch die Stärke des Films. Er zeichnet in der ruhigen und anscheinend auch besonnenen äußeren Art der Hauptfigur einen starken Kontrast zu ihren inneren emotionalen Wechselbädern. Scham, Stolz, Unsicherheit, Ehrgeiz, das Ringen um Anerkennung und Zuwendung außerhalb des geschützten familiären Umfelds wird durch die Enge der Räume, in denen die Handlung kammerspielartig abläuft, noch eindringlicher. Laras Körper verkraftet die Strapazen der hormonellen Eingriffe und die hohen körperlichen Anforderungen der Tanzausbildung nicht. Sie soll akzeptieren, dass die Ausbildung zur Ballerina zurückgestellt werden muss. Sie triff eine Entscheidung, die in ihrer Radikalität dem Zuschauer einiges abverlangt und spürbar macht, welchem Leidensdruck Körper und Seele ausgesetzt sind. Ein intensiver Film über das Thema »Anderssein« – hochaktuell und sehenswert.
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