Bis heute hängen Schiele-Poster in Studentenbuden: langgliedrige Wesen mit stechenden Augen, magere Mädchen, die ihren Rock lüpfen und ihr Geschlecht zeigen, oder, wahrscheinlich sein bekanntestes Bild, die rothaarige Mädchenfrau im grünen Kleid mit schwarzen Strümpfen in einer unschuldigen Pose aus Arg- und Zügellosigkeit.
Egon Schiele selbst stilisierte sich als lodernden Punk mit knochigen Händen und entzündeten Gelenken: Haare, als würde er an einer Steckdose hängen, leidend, dreckig, edel, geschunden. Ein sinnlicher Maniker, dessen expressive Bilder bis heute faszinieren.
Auf dem Roman »Tod und Mädchen« von Hilde Berger basierend, zeigt der Österreicher Regisseur Dieter Berner Schieles Leben aus Sicht seiner Frauen. Die jungen Darstellerinnen kommen frisch von der Schauspielschule: Maresi Riegner als Schieles Schwester Gerti steht ihrem Bruder an Energie und Dickköpfigkeit in nichts nach und Valerie Pachner als bäurisch herbe Schönheit Wally mit Silberblick überzeugt als unkonventionelle Geliebte, Muse und kluge Geschäftspartnerin. Sie rettet Schiele mit einem Meineid, als er wegen Unzucht mit Minderjährigen angeklagt wird. Noah Saavedra gibt den Schiele nicht als wilden Berserker, der er innerlich ist, sondern als feinnervigen, energetischen Künstler, der sich sehr wohl anpassen und zähmen kann, wenn es seiner Malerei dient.
Die Kamera greift Schieles sperrige Ästhetik nicht auf: Wien erscheint altmeisterlich schön, in Bildern von gediegener Opulenz, ebenso die Dörfer Krumnau und Lengbach, in denen Schiele lebte und arbeitete. Nur Nina Proll verströmt als Varietéchefin im Prater inmitten ihrer Freakshow den brutalen Charme einer knallhart kalkulierenden Löwenbändigerin. Bei ihr holt sich Schiele seine Modelle, eifersüchtig beäugt von Schwester Gerti, die bis dahin sein einziges Nacktmodell war.
Als der Erste Weltkrieg ausbricht, wird Schiele eingezogen. Doch nicht an der Front wartet der Tod auf ihn, sondern im heimatlichen Wien, nachdem sein Werk als Sensation gehandelt wird und er endlich loslegen könnte. Berner inszeniert den Wettlauf um Leben und Tod mit einer bitteren Pointe, die einen schier verzweifeln lässt.
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