Dogman

IT / F 2018

Der sanftmütige Hundefriseur Marcello (Marcello Fonte) lebt in einem der von Kriminalität geplagten Außenbezirke der italienischen Hauptstadt Rom: Magliana. Ehre und Geld sind hier die einzigen Dinge, die wirklich etwas zählen und so verkauft er zusätzlich Drogen, um sich und seine Tochter Alida (Alida Baldari Calabria) über Wasser zu halten. In diesem schwierigen heimatlichen Milieu sieht Marcello sich mit dem gewalttätigen Ex-Boxer Simoncino (Edoardo Pesce) konfrontiert, der mit seinem Verhalten die gesamte Nachbarschaft terrorisiert. Durch Simoncino landet der loyale Marcello im Gefängnis, wo er ein Jahr lang Zeit hat, um seine Vergeltung zu planen. Um seine Würde wiederherzustellen, holt der Hundefreund nach seiner Entlassung zu einem unerwarteten Racheakt aus.

Regie
Matteo Garrone
Besetzung
Marcello Fonte, Edoardo Pesce, Adamo Dionisi, Francesco Acquaroli, Alida Baldari, Calabria
Länge
120 min
FSK
16

Das, was man »Leben« nennen könnte, ist in Matteo Garrones dichtem und durchdringendem Filmgleichnis reine anämische Attitüde. Er ist wie alle in diesem verwaisten und verwahrlosten Panorama in der Nähe der ewigen Stadt ganz unten angekommen. Genauer gesagt, auf den Hund. Hier im italienischen Süden, wo Arbeitslosigkeit und Kriminalität die verlassenen Straßen beherrschen, bleibt der treudoofe Marcello mit den braunen Augen und der Fellini-Film-Physiognomie ein herzlicher Typ, so weit es eben geht. Als Hundepfleger DOGMAN hat er sich mehr schlecht als recht in einem grauen Verschlag selbstständig gemacht. Sein frugales Einkommen reicht nie, aber er will unbedingt als getrennter Papa seiner kleinen Tochter Sofia ein besseres Leben bieten und lädt sie temporär zu Tauchausflügen ein, um sie die Freiheit atmen zu lassen, die er nie atmen durfte. Deshalb verdient er sich als Koksbote und Einbruchsgehilfe im devoten Dauerdienst des brutalen und unberechenbaren Mafioso Simoncino etwas dazu. Der Fiesling aber kennt keine Grenzen, bedroht, beraubt und verprügelt alle und jeden auf übelste Weise. Als Marcello wegen eines von seinem »Freund« verübten Bruchs, den er aus Angst und Loyalität auf sich nimmt, im Gefängnis landet, lehnt er sich endlich auf. In einem furiosen Finale, mit blutigem Ende. Blut, Beton und Barbarei: Vittorio De Sica und Robert Bresson könnten als geistige Urväter die Patenschaft übernommen haben für diesen klinisch kühl kalkulierten und maliziösen Mikrokosmos, den GOMORRHA-Inszenator Matteo Garrone in einen berührenden und bedrückenden Naturalismus bannt. Dabei fokussiert seine schmächtige und mitleiderregende Hauptfigur als hündischer Antiheld in einer würdelosen Welt ohne Mitleid aus maroden Plattenbauten und verrosteten Reliquien einer ehemals blühenden Region. 2017, auf dem Filmfestival von Cannes, würdigte man Marcello Fonte für sein atemberaubendes Spiel mit dem Darstellerpreis. Die hehre französische Tageszeitung Le Monde fand weniger löbliche Worte über Italiens sozialpolitische Gemengelage: Der Film sei »eine Parabel für den Faschismus in Italien« und die »Rückkehr der Barbarei der Vergangenheit, initiiert durch die wirtschaftliche Krise in Italien und Europa«. Wie wahr, das Script basiert auf einen wahren Fall von 1980.