Colonia Dignidad

D / LUX / F 2016

Chile, 1973. Lena und Daniel geraten während des Militärputsches in die Fänge der Geheimpolizei. Daniel wird verschleppt und Lena findet heraus, dass er in der hermetisch abgeriegelten Colonia Dignidad im Süden Chiles festgehalten wird. Nach Außen ein deutsches Musterdorf unter der Führung des Laienpredigers Paul Schäfer, kollaboriert die Colonia in Wahrheit mit Diktator Pinochet und lässt ihn dort politische Gefangene foltern und töten. Lena beschließt, sich der berüchtigten Sekte anzuschließen, um Daniel zu befreien. zelluloid.de

Regie
Florian Gallenberger
Besetzung
Daniel Brühl, Emma Watson, Michael Nyqvist, Richenda Carey, Vicky Kriegs, August Firner
Länge
110 min
FSK
16

Kolonie der Würde – einen zynischeren Namen hätte der Laienprediger und Sektenführer, der Päderast und Folterknecht Paul Schäfer für seine totalitäre Enklave 1961 im neuen Heimatland Chile nicht finden können. Ungestört schuf er ein in sich geschlossenes, pseudoreligiöses Unterwerfungs- und Ausbeutungssystem, das spätestens mit der Unterstützung des faschistischen Pinochet-Re­gimes politische Unantastbarkeit genoss. Mit dem Militärputsch vom 11. September 1973 beginnt die Geschichte um das erfundene deutsche Paar Daniel und Lena, das in die Fänge der Colonia Dignidad gerät. Daniel ist Fotograf und unterstützt die sozialistische Allende-Bewegung mit Plakat-Entwürfen, Lena ist als Stewardess gerade eingeflogen, als beide auch schon verhaftet werden. Nachdem Daniel von der Geheimpolizei in Schäfers Folterkeller verschleppt wird, beschließt Lena, der vermeintlich urchristlichen Sekte beizutreten, um den Freund zu retten. Erst hinter den festungsartigen Mauern, Elek­trozäunen und Selbstschussanlagen entdeckt sie, welch perfiden Gehirnwäschen und gewalttätigen Exzessen die durch das Militärregime zugeführten Opfer, aber auch die Mitglieder der Sekte ausgesetzt sind. Ein Fluchtplan muss her, doch der von Michael Nyqvist fabelhaft dämonisch dargestellte Schäfer scheint alles und jeden unter Kontrolle zu haben. Die Alltagskontrolle der Sekte bis in die hintersten Lebensbereiche zu zeigen, ist die Stärke des ambitionierten Politthrillers von Florian Gallenberger, der wochenlang in Chile auf Spurensuche dieses verdrängten Albtraums war. Obwohl Schäfer 2005 verhaftet wurde und 2010 verstarb, lässt die Aufarbeitung des Themas bis heute zu wünschen übrig. Einschließlich der im Film angedeuteten Rolle der Deutschen Botschaft, die einige der wenigen Flüchtlinge aus der Kolonie aufgrund der guten Beziehungen in die Hölle zurückschickte. Angesichts von Militärputsch, Diktatur, Folter und Sektenpsychologie wirkt die Liebesgeschichte von Lena und Daniel zwar etwas unterkomplex, dennoch zeigt Daniel Brühl erneut sein Profil als Charakterdarsteller und auch Emma Watson darf ihren Harry-Potter-Besen noch ein bisschen tiefer in der Rumpelkammer verstecken.
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