Cold War - Der Breitengrad der Liebe

PL/GB/F 2018

Eine zauberhafte Liebesgeschichte in Zeiten des erstarrten Stalinismus. Brillant inszeniert. Perfekt gespielt. Der Stoff, aus dem Klassiker gemacht sind. Und Publikumslieblinge. Und Oscar-Kandidaten sowieso.

Regie
Paweł Pawlikowski
Besetzung
Joanna Kulig, Tomasz Kot, Borys Szyc, Agata Kulesza, Cédric Kahn
Länge
89 min
FSK
12

Der junge Musiker Wiktor gründet mit seiner Kollegin und Geliebten Irena kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein Konservatorium für traditionelle Volksmusik, um das kulturelle Leben zu bereichern. Bald erkennt freilich auch die Partei das propagandistische Potenzial der patriotischen Klänge. Wiktor plagen zunächst noch ganz andere Probleme. Bei einem Vorsingen stolpert er über die hübsche Zula. Die verfügt nicht nur über ein grandioses Gesangstalent, sondern weiß zudem sehr genau, wie man sich perfekt in Szene setzt. Wiktor ist sofort hellauf begeistert. Irena reagiert naturgemäß weitaus skeptischer. Doch sie wird weder die leidenschaftliche Affäre verhindern können, noch dass daraus die große Liebe entsteht. Für das vorläufige Unhappy End sorgt die politische Lage. Wiktor will ein Gastspiel in Ostberlin zur Flucht in den Westen nutzen. Zula willigt ein, doch dann hat sie plötzlich andere Pläne. Jahre später trifft sich das Paar in Paris. In der Stadt der Liebe sind die alten Gefühle wieder sofort entflammt, als wäre nichts gewesen. Mittlerweile jedoch wurde nicht nur anderweitig geheiratet, die polnischen Parteibonzen sinnen gleichfalls auf späte Rache für die einstige Flucht. Paweł Pawlikowski schwelgt in wunderschönen Bildern in kristallklarem Schwarz-Weiß. Mit Spiegeln oder Schatten entwickelt er visuelle Ideen voll verspielter Raffinesse, um deren unangestrengte Leichtigkeit ihn jeder koksnasige Parfüm-Werbefilmer beneiden dürfte. Der formalen Lässigkeit entspricht eine Dramaturgie, die ohne Schnickschnack auskommt. Elegant setzt die Story auf den Mut zur Lücke: 15 Jahre Liebe müssen in 89 Minuten bewältigt werden. Dem Publikum wird eine klitzekleine Portion Mitdenken abverlangt. Wofür es jedoch mit einer unwiderstehlichen Einladung zum Mitfühlen belohnt wird. Das erzählerische Konzept geht bestens auf. Mit plausibel entwickelten Figuren wie diesen ist der Zuschauer nicht nur dabei, sondern mittendrin. Dass Joanna Kulig in manchen Momenten an Jeanne Moreau erinnert, kann der Magie kaum schaden. Wie bekommt solch eine furiose Lovestory schließlich die Kurve? Natürlich rigoros.
doss